Donnerstag, 29. Januar 2015

Träume und wie ich darauf komme.



Hallo zusammen, 
zunächst einmal vielen Dank für die ganzen Antworten auf meine Fragen im letzten Blogeintrag. :) 
Nun erkläre ich euch auch warum ich fragte. Früher träumte ich ähnlich, wie ihr es mir geschrieben habt. In positiven Träumen habe ich niemals Tics oder sonst irgendetwas. Alles war immer super und nichts tat mir weh. Und in ‚Alpträumen‘ tat mir was weh, ging etwas schief, etwas schlimmes passierte oder ich hatte Tics. (Vielleicht auch mal alles zusammen ;) ) 
So oder so ähnlich haben es einige von euch geschildert. Seit ein paar Wochen ist es aber so, dass ich in positiven Träumen auch Tics habe. Also irgendwie so, als sei man mit Tics normal. Das hört sich jetzt sicher völlig verrückt an, aber das hat mich total fasziniert. Vielleicht habe ich das Gefühl mich ganz wohl zu fühlen nur, weil ich mir inzwischen eine kleine ‚Scheinweld‘ aufgebaut habe?
Vielleicht ist es aber auch so, weil es wirklich so ist, dass ich eben so bin wie ich bin und das ist auch okey so? Etwas verrückt sind diese Gedanken schon, trotzdem habe ich mich in den letzten Wochen viele Stunden damit beschäftigt. Einige Personen können sich sicher an meine Frage erinnern. 
Träume haben mich früher echt stark beschäftigt. Eine ganz lange Zeit hatte ich jede Nacht Alpträume, die mir solch eine Angst machten, dass ich nicht schlafen konnte. Und jetzt, seitdem ich das Gefühl habe, dass meine Träume schneller Erlebtes verarbeiten, als es in meinem ‚minimal‘ ausgeprägtem Gefühlsleben ankommt, achte ich auf Geträumtes etwas mehr. Okey, egal was ich sage, ich rede mich immer weiter rein. ;) Aber wie ich es an einem Treffen am Sonntag erwähnte ‚100% behindert‘! Und ja so ist es, aber nicht nur das, auch die für mich dringend notwendigen Merkzeichen mit dabei sind. Ich möchte nicht angeben, aber ich bin einfach nur dankbar, dass dies bei mir so unkompliziert funktionierte.
Besonders in der letzten Zeit habe ich wieder ganz oft davon gehört, wie viele Probleme es bei den für manchen so dringenden Merkzeichen, geben kann. Entweder sind es Verzögerungen bei den Ärzten, durch den Winterurlaub. Oder es gibt Schwierigkeiten, dass die vorhandenen Unterlagen nicht genug Aussagen, um das angemessene Ergebnis zu erzielen. Am schlimmsten finde ich, sind aber Zuständige, die keine Ahnung haben von einer Erkrankung wie dem Tourette-Syndrom (und den Begleiterkrankungen), sollen Entscheidungen treffen, die individuell zu beurteilen sind. Und, da ich diesen Kampf nicht kämpfen muss, bedanke ich mich  recht herzlich besonders bei dem Fachmann, der bei solchen Angelegenheiten immer für mich da ist, obwohl ich ihn hin und wieder damit aufziehe. *Danke Papa/Kuss* 
Ja sonst kann ich noch eine ganz lustige Geschichte erzählen. Im Blogeintrag Ich fang den Kraken‘ habe ich euch ja erzählt, dass seitdem mein Bruder damit anfing,  fing ich auch an, immer wenn meine Mama nackte Füße hatte, diese einzupacken, zu zudecken oder im schlimmsten Fall drauf zu treten oder zu schlagen. Gestern sagte sie, nach dem ich ihr für einen sehr langen Zeitraum nicht gestattet habe, die Füße unter der Decke hervor zu holen. 'Im Winter ist es okey wenn du das tust, aber bis zum Sommer musst du dir was anderes angewöhnen!' (Sehr gut Mama, ich gewöhn mir das sicher ab, wenn du sagst ich soll das tun. ;-D :-P :-) ) Aber falls du dich beschweren willst kannst du das gern beim Mutmacher machen. Der hat angefangen. :)  

 
Ja dann denke ich entlasse ich euch für heute mal mit einem kleinen Schmunzler. ;)


LifeTiccer

Dienstag, 27. Januar 2015

Was geht in mir vor während einem Tic?



Gestern war ich den ganzen Tag unterwegs, daher gibt es heute den Eintrag von gestern. :D
In letzter Zeit habt ihr sicher bemerkt, dass ich den Blog mit einigen Fragen beginne. Und das möchte ich auch beibehalten. Falls ihr mal Fragen habt, sendet sie mir einfach über eine private Nachricht und ich werde sie im nächsten Blogeintrag berücksichtigen.

Meine Fragen für heute sind…

Wie fühlt sich ein Tic an? Was geht dabei in mir vor? Passiert das alles ohne mein Bewusstsein? Bin ich fremdgesteuert?



Oft hört man ja, ein Tic kann man sich vorstellen, wie einen Schluckauf oder ein Niesen. Das ist nicht ganz falsch, doch zumindest ich habe das Gefühl, dass ein Tic mehr ist. Immerhin hört man irgendwann auf zu niesen, aber Tics sind häufiger. Ich versuche mal den Vorgang eines Tics in einem Dialog zwischen mir und meinem Tourette-Syndrom (Kobold) zu führen.



Ein Druckgefühl im Brustbereich spüre ich ständig, dass nennt man Vor-/Druckgefühl. Dieses Gefühl ist wirklich stark ganz zu Beginn meiner Tics bekam ich Panik wegen diesem Gefühl. Ich dachte wirklich, dass ich ersticke. So einengend war und ist dieses Gefühl.

Kobold: Schrei laut Hey. Dann geht es dir besser und du bekommst wieder gut Luft.

Ich: Nein, das geht jetzt nicht. Und ich will auch nicht schreien.

Kobold: Doch vertrau mir, das ist jetzt genau das Richtige.

Ich: Nein, wirklich nicht, bitte lass mich doch einfach mal kurz in Ruhe.

Kobold: Ich lass dich ihn Ruhe, aber erst musst du einmal Hey schreien.

Um meine Ruhe zu haben gebe ich dem Tic nach und schreie Hey.

Kobold: Mmh… Du solltest doch 3x schreien, dass klingt besser.

Ich habe überhaupt nicht die Zeit mich, gegen diesen Vorschlag zu wehren, schon ist es raus.

Ich: Bist du jetzt zufrieden. Lass mich jetzt in Ruhe.

Kobold: Blinzel doch mal.

Ich: Nein, jetzt möchte ich gerade etwas lesen.

Kobold: Blinzel, du willst das doch auch.

Meine Augen tränen schon, weil ich versuche meine Augen aufzuhalten, dann blinzel ich.

Kobold (lacht): Und jetzt ruf Ar***gesicht

Ich: Nein, dann gibt es nur wieder Ärger mit anderen Leuten.

Kobold: Na und, Ärger ist super. Dann zeige ich den Leuten mal was noch alles in mir steckt. ;)

Ich: Aber… und dann ist es auch schon raus.



So geht das ganz oft. Und bei anderen Tics fällt mir nicht einmal auf, dass sie da sind. Es sind Geräusche oder Bewegungen, die minimal sind. Anderen Leuten scheinen verschiedene Dinge aber aufzufallen, da besonders bei Telefonaten mit verschiedenen Fremden häufig die Frage kam: Sind sie ok? Stimmt etwas nicht mit Ihnen?

Das Beste ist diese Fragen kommen, obwohl ich zuvor erklärte, dass ich das Tourette-Syndrom habe. Doch irgendwie ist das Tourette immer noch die Krankheit, mit der man fluchend über die Straße läuft. Aber NEIN!!! Diese Form (Koprolalie) gibt es, aber nur ein kleiner Teil leidet darunter. Natürlich kann ich dieses Klischee erfüllen, aber das ist nur ein Teil dieser doch recht fiesen Krankheit.



Was das Bewusstsein angeht, ich glaube das ist mit einer der fiesesten Teile vom Tourette-Syndrom, denn mein Bewusstsein und meine Intelligenz sind vollkommen normal ausgeprägt. Mir selbst tut es auch weh, wenn ich jemanden beleidige, oder wenn ich zu meinen Eltern irgendein Schimpfwort sage. Aber es ist irgendwie so als schicke das Gehirn den Befehl zur Handlung oder Äußerung zuerst an den Körper und anschließend verarbeitet das Gehirn, was geschah. Ich bekomme also durchaus mit, was ich sage aber es ist raus bevor ich etwas dagegen tun konnte.

Ja, dann kann man doch sagen, man wird fremdgesteuert. Kann man das wirklich sagen? Ich bin mir unsicher. Auf der einen Seite besteht man darauf, dass niemand einen ernst nimmt, wenn etwas aus einem Tic heraus passiert. Nichts was ich tue oder sage, passiert aus meiner Meinung/Überzeugung. Aber auf der anderen Seite möchte man auch als vollwertiger Mensch angesehen werden.

Tourette ist irgendwie ein unerzogener Kobold. (Diese Grimmigen, die immer meckern und maulen.)

Und dieser Kobold plaudert alles aus, was man nicht sagt. Als sei er auf Streit aus und er weiß genau, wie man andere Leute aufbringen kann. Und man kann Menschen auch durch Kleinigkeiten aufbringen z.B. reicht es auch 100mal am Tag zu pfeifen. Irgendwann klingeln die Ohren von ganz allein. Aber man kann sich auch an diesen Griesgram gewöhnen. Erst neulich habe ich mit der heimlichen Heldin über die Anfänge der Tics gesprochen. Und sie sagte ganz selbstverständlich: Ich kann mir auch überhaupt nicht mehr vorstellen, wie du ohne Tics warst. Irgendwie ist das nur ein einfacher Satz, aber für mich erklärt er viel. Ja, ich habe Tourette. Aber ich bin nicht das Tourette-Syndrom! Das ist mir ganz wichtig, so oft fragen mich meine Brüder warst du oder Tourette das? Oder ich werde als Tourette angesprochen. Dann bin ich schon total sauer, da es so so so wichtig ist als eigenständige Person angesehen zu werden. Gleichzeitig verstehe ich auch, dass es schwer ist, die Tics mal getrennt von mir zu sehen und im anderen Moment die Tics mit mir zu betrachten. Dieses ganze Krankheitsbild ist so unerklärlich, aber einfach mal darüber zu lachen hilft um alles etwas lockerer zu sehen. ;)



Im nächsten Blogeintrag möchte ich mich mit dem Thema träumen beschäftigen. Keine Angst auf keine mystische Art und Weise. Aber auf eine Art, bei der ich auch Eure Hilfe brauche.
Meine Fragen dazu sind: Wie träumt ihr? Seid ihr in euren Träumen gesund oder werdet ihr von euren realen Handicaps und/oder Schmerzen begleitet? Es wäre wirklich super wenn ihr mir dazu ein kurzes Statement geben könnt. Ich habe mir dafür auch extra eine E-Mail Adresse eingerichtet : lifeticcer@gmx.de  Natürlich könnt ihr mir auch aus anderen Gründen eine Mail schreiben. ;)

I don't care-I tic it!  (von MC) 

LifeTiccer

Donnerstag, 22. Januar 2015

Hass und Ausgrenzung # YouGeHa



Wie würdet ihr reagieren, wenn euch auf Grund einer schrägen Nase oder buschigen Augenbrauen Hass und Ausgrenzung entgegen gebracht werden? Was würdet ihr sagen, wenn über eure Person schon mehr Gerüchte im Umlauf sind, bevor ihr euch überhaupt vorstellen konntet? Zurzeit gibt es ein größeres Projekt von Wissens-Youtubern, dieses nennt sich #YouGeHa. Darunter zeigen Youtuber, dass sie etwas gegen Fremdenhass haben. In ihren Videos beschäftigen sie sich auf unterschiedliche Weise mit diesem Thema. Ich finde diese Aktion wirklich toll, daher dachte ich mir, dass ich mich irgendwie daran beteiligen möchte.
Natürlich kann ich nicht darüber berichten, wie sich ein Moslem in Deutschland fühlt oder mit welchen Schwierigkeiten Asylanten zurechtkommen müssen. Denn zum Glück habe ich das nie erleben müssen, aber auch Menschen mit einer Behinderung sind nicht geschützt vor Hass und Ausgrenzung.
Bis vor ein paar Jahren, lies sich für mich nicht einmal erahnen, dass mein Leben diese Wendung nimmt. Aber ich wuchs in einer Großfamilie auf, schon in der Grundschule gab es viele Vorurteile gegenüber meiner Familie. Damals war ich öfter traurig darüber, denn wer möchte schon mit diesen ‚Assis‘ spielen. Doch als wir nach einer Zeit die meisten davon überzeugten, dass auch Kinder aus einer Großfamilie etwas auf dem Kasten haben, verabschiedeten sich die Vorurteile. Im Gegenteil, schnell fiel auf, dass meine Geschwister und ich eine besonders hohe soziale Kompetenz besitzen. Nach der Grundschule hatte ich nie wieder Probleme durch Ausgrenzung auf Grund meiner Familie. Und schon da war für mich klar, ich möchte einen Beruf ergreifen, in dem ich Menschen helfen kann. Damals war es Notärztin im Rettungshubschrauber. Naja irgendwann stellte sich raus, dass ich Höhenangst habe und Blut mich schrecklich nervös macht. Also entschied ich mich um. Erzieherin war ab da mein Traumberuf. Und nach meinem Abschluss begann ich mit der Ausbildung zur Sozialassistentin (die Ausbildung vor dem Erzieher). Natürlich ging es auch in der Ausbildung immer wieder um Behinderung und vor Ostern 2013 stand auch ein Praktikum im Heilpädagogischen Bereich an. Um ehrlich zu sein, vor dieser Aufgabe hatte ich riesen Angst. Ich ekelte mich nicht vor den Bewohnern, sondern ich wusste einfach nicht, wie ich mit ihnen umgehen sollte. Aber nach nur ein paar Tagen, kam ich ganz gut zurecht. Irgendwie habe ich festgestellt, die Bewohner waren auch nur Menschen und so sollte man sie auch behandeln.
Kurz nach dem Praktikum bekam ich meinen ersten bleibenden Tic. Ich drehte die Hand, ähnlich wie Luca Toni bei seinem Torjubel. Wenn Tische in der Nähe waren schlug ich drauf. Schreiben viel mir häufig schwer, da der Tic links war und ich mit Links schreibe. Für mich war die Situation zu dem Zeitpunkt noch nicht schlimm. Meine Klasse gab mir Rückhalt und auch bei den Lehrern gab es kein Problem. Dann nach den Sommerferien, explodierten meine Tics, immer wieder kamen Laute später dann Worte. Für mich stellte die Schule aber immer noch kein Problem dar. Meine Klasse war einfach spitze, sie störten sich überhaupt nicht an den Tics und die die damit nicht so zurechtkamen, haben sich einfach rausgehalten. Im Kindergarten, meiner Praktikumsstelle gab es zu diesem Zeitpunkt auch noch keine großen Schwierigkeiten. Den Kindern erklärte ich es und die Erwachsenen störten sich nicht daran. Doch dann kam auch die Koprolalie (ausrufen obszöner Wörter) dazu. Ab da stellte mein Tourette-Syndrom ein Problem dar. Lehrer beschwerten sich und dachten ich würde provozieren. In meiner Praktikumsstelle konnte ich auch nicht bleiben. Zu dem Zeitpunkt war ich wirklich mit den Nerven am Ende, so entschied ich mich, nach dem ich auch die zweite Praktikumsstelle verlor, die Ausbildung zu unterbrechen. Für mich die wohl schwerste Entscheidung die ich bis dahin treffen musste. Aber da fing das Problem erst an. Immer wieder merkte ich, wie mich Leute mieden. Anfangs ging das noch ohne Worte, so z.B. saß ich mit meiner Mama am Bahnhof. Neben mir eine ältere Dame, da ich einen Stampftic habe meinte die Frau, ich solle ihr nicht auf die Füße treten, in einem Recht  unfreundlichem Ton. Für sie war ich nur wieder eine unhöfliche Jugendliche. Meine Mama wollte dies nicht auf sich beruhen lassen, also erklärte sie der Frau, warum ich das tat. Mitten in der Erklärung stand sie auf und ging auf einen anderen Sitzplatz. Schon das machte mich traurig, aber ich wusste nicht, dass es noch härter kommen konnte.  
Ich will jetzt auch nicht alle Geschichten erzählen, dass würde dein Rahmen sprengen. Nur so viel, es wurde mir schon geraten in ein Heim zu gehen, oder mir wurde auf die Nase geschlagen. Und das alles immer ohne, das ein Anderer eingriff. Im Gegenteil, du Leute stellten sich dazu und wenn sich die Chance erbot, gaben sie ihren Senf dazu. So als hätten alle nur darauf gewartet ihren angestauten Frust mal ablassen zu können. Mich verletzten diese Dinge immer sehr und meine Angst auf die Straße zu gehen wurde immer größer und größer. Heute ist es so, dass für mich einkaufen riesen Stress bedeutet oder eine Runde mit dem Hund zu spazieren, voller Diskriminierung und Ausgrenzung ist. So ist es mir z.B. passiert, dass ein Restaurant bei mir um die Ecke Unterschriften sammelte, nur damit ich dort nicht mehr vorbei gehen darf. Als ich mich von den Unterschriften nicht vergraulen lies, riefen sie das Ordnungsamt. Meine lieben Freunde in der Uniform waren leider auch nicht sehr positiv gestimmt, aber nach einer langen Diskussion und dem beherzten Eingreifen mehrerer Gäste, durfte ich weiter dort entlang laufen. Solche Reaktionen machen mich fassungslos. Und es ist auch nicht damit zu entschuldigen, dass die Leute Tourette nicht kennen. Oder dass man nicht weiß, wie man reagieren soll. Jeder einzelne wurde von irgendwem erzogen und bekam schon recht früh beigebracht, was Recht und Unrecht ist. Und es ist doch wohl klar, dass Gewalt, Diskriminierung und Hass Unrecht ist. Fragt euch einmal, wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr von jetzt auf gleich behindert seid? Oder ihr in Deutschland nicht mehr sicher seid nur, weil ihr schwul oder lesbisch seid. Wir hatten das alles schon, denkt an das dritte Reich, an die vielen Menschen, die auf Grund von Behinderungen, Religion oder Sexualität starben. Wollt ihr das wirklich zurück?  Jeder hat irgendwas an sich, weswegen die Person gehasst werden könnte. Vielleicht sind es Segelohren, oder eine Zahnlücke. Ihr kennt die Leute nicht und wegen diesen blöden und völlig unsinnigen Vorurteilen, gebt ihr einem nicht mal die Chance zu beweisen wer er oder sie wirklich ist.  Die ganze Welt weiß dass es extreme Moslems gibt, aber es gibt immer Menschen die ein extremes Weltbild haben. Meine Generation kennt die Folgen von Ausgrenzung und Diskriminierung vielleicht so nicht. Dafür sollten wir aber dankbar sein, anstatt wieder Menschen auszugrenzen. Unsere Eltern kennen die DDR, vielleicht hatten sie das Glück im Westen zu Leben, aber ihr kennt die Berichte aus der DDR. Unsere Großeltern oder Urgroßeltern hatten das dritte Reich. Das alles ist noch nicht lang her, aber anscheinend zu lang. Wacht auf und seht was wir zerstören. Reicht euch die Hand und seit füreinander stark. Denn egal, ob Schwarz oder Weiß, ob Homosexuell oder Heterosexuell, ob Behindert oder Gesund, jeder ist ein Mensch und verdient es wie einer behandelt zu werden. 

Hier noch in paar Links zu den Videos der Youtuber
Warum wir ALLE tolerant sein sollten- SoBehindert


Setzt ein Zeichen für Toleranz 

LifeTiccer

Montag, 19. Januar 2015

Wer hat das Recht sich und sein Tourette zu bedauern und wer muss nach außen so tun als sei alles in Ordnung?


Wer hat das Recht sich und sein Tourette zu bedauern und wer muss nach außen so tun als sei alles in Ordnung? – Was? Ihr findet die Frage komisch… Ich zuerst auch, aber dann habe ich einmal näher darüber nachgedacht. Überlegt doch mal, welche Berichte laufen im Fernsehen (wenn überhaupt mal Tourette ein Thema ist)? Es sind die, von schwerstbetroffenen mit einem ganz schlimmen Schicksal. Natürlich ist es auch wichtig diese Seite zu zeigen. Aber mal ehrlich, wie viele schwerstbetroffene Touretter gibt es in Deutschland? Es sind die wenigsten, die meisten Touretter gehen in die Schule oder zur Arbeit. Sie leben ein relativ normales Leben, vielleicht mit ein paar Schwierigkeiten mehr als andere, aber es geht. Und irgendwie muss es ja auch.
Ich bin, wie ihr vielleicht wisst, noch nicht lang in dieser Tourette-Welt. Aber seit einem Jahr, würde ich sagen, habe ich mich auf Tourettun eingelebt und eingegliedert. Anfangs noch mit einem erträglichen Maß an Tics. Damals dachte ich, mir steht es nicht zu, vor anderen Tourettern zu ‘jammern‘. Immer wieder las ich, wie viele Probleme andere mit ihrem Tourette haben. Doch nach und nach stiegen meine Tics an. Oft war ich richtig schlecht drauf, wenn es gerade wieder eine Tic-Steigerung gab. Oft dachte ich in diesen Tagen daran, jemanden der mich versteht, von meiner Situation zu erzählen. Mich einfach mal auszuheulen. Doch dann habe ich wieder von den schlimmen Geschichten gelesen und  gedacht, dass es doch nicht so schlimm ist. Meist habe ich mich nach ein paar Tagen an die neue Situation gewöhnt. Und da ich sowieso nicht der emotionalste aber ein stets positiver Mensch bin, habe ich das immer ganz gut weggesteckt. Wieder eine Zeit später, kamen die ersten Kontakte zu Tourettern und deren Familien. Erst schriftlich und dann auch bei Treffen. Nie habe ich an den Erzählungen aus Texten gezweifelt. Alles habe ich mit meinen Augen gesehen und es geglaubt. Aber immer mal wieder habe ich festgestellt, dass mich mein vorgestelltes Bild getäuscht hat. In echt hat sich das Tourette-Syndrom hin und wieder anders gezeigt. Heißt das dann die Leute haben einen angelogen, sie sind Jammerlappen, oder dramatisieren alles? NEIN, das würde ich nicht sagen. Man wächst mit seinen Aufgaben. Jede Tic-Steigerung war für mich schwer, physisch und psychisch. Also ist es doch keine Lüge, wenn jemand mit wenigen Tics darüber klagt, dass es nun etwas mehr Tics sind. Es ist auch keine Lüge, wenn Eltern von betroffenen Kindern, denken ihr Kind hat es ganz schlimm erwischt. Jede Mutter und jeder Vater haben das Recht überfordert und verzweifelt zu reagieren. Nur wie lang? 1 Tag, eine Woche, ein Monat, ein ganzes Leben… Wie lang kann man sein Schicksal bedauern und wann sollte man nach vorn schauen? Darauf kann ich keine pauschale Antwort geben. Ich für meinen Teil, habe die Entscheidung getroffen, dass mir Mitleid nichts bringt, davon geht es mir nicht besser, helfen kann mir niemand und ändern kann es auch keiner. Aber ich kann mir (inzwischen) auch mal ein paar schlechte Tage erlauben. Früher habe ich immer versucht nach außen alles super aussehen zulassen, mich niemals schwach zu zeigen. Wer glaubt einem aber, dass immer alles super ist? Niemand, der einen wirklich kennt.  Nach den paar Tagen muss dann aber auch wieder gut sein. Dann heißt es Kopf hoch, Krone richten und weiter!

Ganz schwer zu verstehen war es für mich immer, wenn jemand ohne Tics zu mir sagte: „Ich könnte, das nicht so wie du…“ Meine Frage war dann immer, wie kann jemand, der sich das alles nicht vorstellen kann, sagen, dass er/sie das nicht könnte? Vor 2-3 Jahren hätte ich auch nicht gedacht, dass ich das so kann. Aber so ein Leben war nicht meine Wahl und manchmal muss man einfach das Beste aus den Gegebenheiten machen. Die Vergangenheit sollte man dann ruhen lassen. Und an die Zukunft am besten nicht denken. Das Problem mit der Zukunft erlebe ich immer wieder bei Eltern von betroffenen Kindern. Die möchten gern eine Prognose oder am besten noch eine genaue Verlaufsbeschreibung. Besonders, wenn das Kind erst weniger ticte und jetzt stärker tict, machen sich Eltern Sorgen. Absolut verständlich, dass Eltern diese Gedanken hegen, wenn es nicht so wäre würde ich mir mehr Gedanken machen. Tourette ist aber unberechenbar. Es kann sein, dass es immer mild bleibt. Es kann sein, dass es nach einer anstrengenden Pubertät weniger wird. Es kann… Aber es kann auch so laufen, wie bei mir. Ich war 17 Jahre als die Tics wirklich anfingen, also überhaupt nicht in der Prognose. Daher kann ich den Gedanken an „Wie wird es wohl werden?“ verstehen, aber ich würde sagen, außer mehr Sorgen bringt einem so ein Denken nichts.

Um abschließend noch einmal meine anfängliche Frage zu beantworten. Wer hat das Recht sich und sein Tourette zu bedauern und wer muss nach außen so tun als sei alles in Ordnung? Alle haben das Recht. Es kommt nicht drauf an, was einen belastet. Nur irgendwann sollte es wieder in die andere Richtung gehen. Das passiert aber nicht von allein. Um positiv zu denken, bedarf es eines Einstellungswechsel. Und der muss von der Person selbst kommen. Aber wir, Bekannte/Angehörige/Freunde können auch unseren Teil dazu beitragen. Anstatt diese Person mit unserem Mitgefühl und Mitleid zu überschütten und wohlmöglich noch zustimmen. Sollten wir dieser Person auch wieder die Sonne hinter den Wolken zeigen. Zur Zeit gibt es in Deutschland einen kleinen Tourette-Aufschwung. Einige neue Gruppen entstehen und die jüngere Generation wird aktiver. Wie wichtig das ist sieht man gut an den Berichten, die es nach solchen Treffen gibt. Schaut allein in diesen Blog. Von jedem Treffen könnte ich ein ganzes Buch schreiben. Und wenn eine Kamera mitlaufen würde, könnten Ärzte und Studenten, noch Jahre davon lernen. Diesen Aufschwung sollte man verbreiten, es sollte Fernsehberichte auch von Tourettern geben, die ihr Leben leben. Es gibt doch diese Aussage : Ich habe Tourette, aber Tourette hat nicht mich.  Wir alle zusammen Touretter, Angehörige, Freunde und Leute die nur mal davon gehört haben, können dieses Bild von Tourette verbreiten. Touretter sind keine von einem Dämon bessesenen Verrückten. Es sind Menschen, wie jeder andere auch, sie ticen eben nur ein bisschen anders.

LifeTiccer