Mittwoch, 25. März 2015

Vortrag, Gedanken und Ferienausblick :)



Heute ist wieder herrliches Wetter, also waren meine Geschwister und ich nach etwa 2 Jahren mal wieder auf dem Spielplatz. Also meine Geschwister waren schon auch in den letzten Jahren immer mal auf dem Spielplatz, aber ich habe mich doch lieber von diesem Ort ferngehalten. Aber ich will mich nicht mehr verstecken und vielleicht ist es zunächst ein schwerer Weg, da man sich immer wieder mit Unverständnis und Beleidigungen auseinander setzten muss. Doch irgendwann, da bin ich mir sicher, habe ich zumindest meinen Umkreis aufgeklärt und sensibilisiert, was Tourette angeht. Apropos sensibilisieren, wie ich im letzten Eintrag schrieb, hatte ich am Montag einen Vortrag in einer Grundschule. Ich kann sagen, dies war der volle Erfolg. Nicht nur ich, sondern auch die Kinder waren sehr aufgeregt. Wir setzten und in einen Kreis und zunächst besprachen wir, warum ich überhaupt da bin. Nachdem alle Fragen geklärt waren habe ich die erste Tici-Geschichte vorgelesen. Anschließend habe ich die Kinder gefragt, wie sie mit Tici umgegangen wären, wenn er in ihre Klasse käme. Sehr ehrlich haben sie geantwortet, dass sie Fragen würden was er macht und dann müssten sie sich auch noch an die Geräusche gewöhnen. Aber eigentlich wäre das kein Problem. Anschließend habe ich eine zweite Tici-Geschichte vorgelesen. Wieder ein paar Fragen beantwortet und zum Schluss hatte ich noch ein kleines Spiel. Es gibt den Film In front oft he class (2008). Dies ist meiner Meinung nach der beste Film um Thema Tourette. In einer Szene zeigt der Tourette betroffene Lehrer Brad Cohen einem Schüler wie schwer es ist mit den Tics zu lesen. Das haben wir auch gemacht. Die Kinder mussten bloß 2 Sätze lesen und ich habe den Kobold gespielt. Das Fazit: So zu lesen ist nicht leicht. Und die Kinder hatten viel Spaß, wobei ich das Gefühl hatte sie haben auch verstanden, was ich zeigen wolle. Nachmittags hatte ich noch einen Termin beim Arzt zur Begutachtung der Erwerbsfähigkeit, nach etwa 5 Minuten war er sich schon sicher, dass ich so wie es im Moment ist nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln bin. Irgendwie ein blödes Gefühl, aber wahrscheinlich auch wichtig für die Bürokratie. 
Am Dienstag war ich dann noch beim Neurologen. Das Highlight ist für mich eigentlich immer in die Praxis zu kommen und mit den Mitarbeiterinnen zu sprechen. Wirklich wenn ich mal ein Problem mit dem Selbstbewusstsein habe muss ich nur dorthin gehen. Der Neurologe ist auch Psychiater also sehen die dort einige Patienten. Am Dienstag sagte die nette Dame am Empfang zu mir: Wenn Sie die Praxis betreten sieht man gleich ein Lächeln und es ist als geht die Sonne auf. Also wenn das mal nicht runtergeht wie Öl dann weiß ich auch nicht. :) 
Nun noch ein allgemeiner Gedanke von mir. Zurzeit dreht sich bei mir ja viel um arbeiten und Geld verdienen. Wie ich weiter oben schon geschrieben habe bin ich laut Arzt auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht zu vermitteln. Über die Werkstatt habe ich es auch probiert. Aber ich möchte ja auch machen was mir Spaß macht. Ich finde solche Einrichtungen sinnvoll, aber nicht optimal für mich. Außerdem ist sich die Einrichtung auch nicht ganz sicher, ob ich überhaupt geeignet bin. Warum gibt es keine Einrichtung für stark betroffene Touretter. Wenn man nirgends hingehört wäre es doch logisch, einen Arbeitsplatz für diese einzurichten. Und immer wieder heißt es Tourettern liegen kreative Aufgaben. Also wäre es nicht einmal schwer ein Berufsfeld für diese Leute zu finden. Und wenn es eben nicht geht, dass man in großen Gruppen arbeitet muss man klein Gruppen oder Einzelarbeiten einrichten. Denn an der Intelligenz mangelt es einem Tourette-Kranken meistens nicht. Im Gegenteil von einigen und auch von mir weiß ich, dass die Intelligenz oft im oberen Bereich liegt. Natürlich ist es leicht gesagt ‚Richtet doch mal Arbeitsplätze für Touretter ein‘. Aber auch dem Staat würde das ja zu Gute kommen, anstatt dem auf der Tasche zu liegen, kann man selbst Geld verdienen und vielleicht erfolgreich sein. Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich nicht einmal eine Ausbildung beenden konnte, wenn es wenigstens dort ein Angebot gäbe würde das vielen den Weg erleichtern.  Naja das ist nun mal Wunschdenken und wenn man da nicht selbst was macht, wird das wohl eher nichts. 
Um den Blog heute nicht so negativ abzuschließen gibt es noch einen kleinen Lifeticcer –Ferienausblick. ;) Ab Samstag sind der Sensible und ich für eine Woche bei der Linnicher Nebenstelle zu Besuch, um dort das Haus mal aufzumischen. Wieder zu Hause bekommen wir dann Besuch von der Erlangender Zweigstelle. Darauf freuen wir uns schon riesig. Und da gibt es sicher viel zu berichten. :)

Also bis Sonntag und genießt die Sonne

LifeTiccer

Sonntag, 22. März 2015

Zeit mal wieder zu lachen!




Heute möchte ich einmal die lustigen Situationen mit Tourette der letzten Wochen sammeln. Denn es wurde schon lang nicht mehr so richtig gelacht in diesem Blog. :)
Mit der Tic-Steigerung zog eine (wie es manche Leute nennen) genitale Phase in meinem Kopf ein. Es ist nicht so, dass ich nie Pe… oder Schwa… gesagt habe, aber das ist jetzt schon noch einmal eine andere Liga. Neulich war ich bei einer Freundin zu Besuch, das Erste was mir in Gegenwart ihrer Mutter über die Lippen kam war Deine Mudda luuutscht Schw… Natürlich eine richtig unangenehme Situation, die die Mutter meiner Freundin sehr locker nahm. Sie konterte gespielt erschrocken: ‚Mist, woher weißt du das. ‘ Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken.  Meine Familie besonders der Provokateur genießt diese Phase aber sehr.  :) Ein anderes Mal, es war kurz bevor ich mit der Bahn eine etwas längere Strecke antreten wollte. Kam meine Mama auf die herrliche Idee, während ich am trinken war, einen Reim hören zu wollen. (Eine große Leidenschaft meines Kobolds.) Sie fragte: ‚Was reimt sich auf Enis? ‘ Mit gefülltem Mund sprudelte, im wahrsten Sinne des Wortes, die Antwort aus mir raus. Da war umziehen erst mal schnell angesagt. ;)
Lustig war auch die Fahrt am Freitag nach Frankfurt zum Trigger-König um das geplante Gruppentreffen am 12.4.15 nochmals durchzusprechen. Die Hinfahrt war eigentlich relativ entspannt. Bis in Gießen eine junge Frau sich neben mich setzte. Sie störte sich überhaupt nicht an meinen Lauten, also erklärte ich es auch nicht. In Friedberg stieg sie dann aus. Kurz zuvor drehte sie mir ihren Rücken zu, sodass ich auch ihren Po sah. Dem Kobold viel natürlich nichts Besseres ein, als an ihrer Unterhose zu ziehen. Völlig erschrocken sah sie mich an, aber irgendwie glaubte sie nicht, dass ich dies wirklich getan habe. Sie drehte sich wieder um, zog die Jacke an und hob die Tasche auf. Dann  wieder, der Kobold schlug ihr auf den Po und rief ‚Knackarsch‘. Oh Gott, das war so wahnsinnig peinlich, eigentlich wollte ich mich noch erklären, denn das hatte sie schon verdient. Doch ich bekam kein Wort raus und dann hielt die Bahn. Anstatt es jetzt aber gut sein zulassen setzte der Kobold noch eins drauf und rief ihr ein ‚Endlich ist sie weg! ‘ hinterher. Die anderen Fahrgäste starrten mich grimmig an und als sich jemand neben mich setzten wollte, wurde diese Person gewarnt. Eigentlich fies, aber ich war froh. In Frankfurt angekommen, lief alles recht normal. Zwei Touretter auf einmal sind einfach zu viel für den normalen Menschenverstand, alle schauten, manche machten blöde Bemerkungen aber das war alles problemlos. Auf dem Weg zum Trigger-König trafen wir einen Bekannten von ihm. Dieser saß im Rollstuhl und auch seine Aussprache war nicht ganz astrein. Aber dieser Mann war echt mein Highlight. Meint er ganz trocken:‘Also wenn zu mir jemand sagt, ich sei behindert, dann könnte ich echt ausflippen. ‘ Das ist wohl mal wieder der Beweis, nicht die Menschen mit Behinderung erstellen die Trennwand zwischen Gesund und Behindert. Auf dem Weg zurück zum Hauptbahnhof gab es auch noch einen echten Lacher. Nachdem mir echt aufgefallen ist, dass ich in Frankfurt schon viel öfter eins auf die Nase bekommen hätte, weil die Menschen echt intolerant sind. Standen wir wieder in der Straßenbahn. An uns läuft ein stark alkoholisierter Mann vorbei. Plötzlich bleibt er stehen und starrt uns an. Auf die Antwort, dass unsere Geräusche eine Krankheit sei, schaute er weiter. Dann ging er mitten in den Abteil und rief mit etwas lallender Aussprache: ‚Das ist eine Krankheit, das muss man verstehen und akzeptieren. ‘ Echt genial, man muss sich nur die richtigen Verbündeten suchen. ;)  Doch damit war es nicht genug, ab Friedberg, setzten sich zwei jüdische Männer mir gegenüber. Für mich persönlich kein Problem, aber der Kobold fuhr hoch. In meinem Kopf 1000 Dinge die sich mir aufdrängten. Aber ein Erfolg für mich, bis sie in Gießen ausstiegen, sagte ich nichts zu ihnen. Zu Hause aus der Bahn ausgestiegen musste aber erst mal alles raus und eine Frau die ihre Tasche fallen ließ bekam alles ab. Dieser konnte ich aber dann auch in Ruhe erklären was los ist und sie lachte anschließend.
Nun bleibt noch zu sagen, morgen habe ich einen Vortrag in der Klasse meines Bruders (7). Schon jetzt bin ich echt nervös, denn Kinder sind direkter, wenn ich mies bin, lassen sie mich das auch schnell wissen. :) Es geht darum den Kindern 2 Tici-Geschichten vorzulesen und die aufkommenden Fragen zu beantworten. Ich lass euch auf jeden Fall wissen, wie es gelaufen ist. 

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 LifeTiccer

Donnerstag, 19. März 2015

Zurück mit Botschaft ans Krümmelmonster



Endlich kann ich wieder einen Eintrag machen. Die letzte Woche hatte ich eine fiese Tic-Steigerung mit dieser musste ich zunächst  lernen  zurecht zukommen. Jetzt klappt das aber recht gut und ich kann mich genug konzentrieren. :) Also stehen geblieben bin ich, glaube ich, bei dem Wochenende als ich in Linnich bei dem Gruppentreffen war. Das war einfach richtig lustig. In dieser Zeit bahnte sich eine Tic-Steigerung an. Und so war es dann auch. Mir ging es in der Zeit nicht schlecht, sondern die vielen Tics, genau in den Situationen, wo ich vorher zwischen den Tics gehandelt habe musste ich lernen auszutricksen. (Ich weiß nicht, ob man das versteht, das ist irgendwie schwer zu beschreiben. ;)) Damit war ich dann auch erst mal eine Zeit beschäftigt. In der Zeit hatte ich noch ein paar Termine. Gestern hat dann das ‚normale‘ Leben wieder begonnen. Ich komme ganz gut zurecht und das ist das Wichtigste. Zum Glück auch zu einem guten Zeitpunkt. Am Morgen hatte ich einen Termin in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung, denn leider kann auch ich nicht von Luft und Liebe leben. Der Termin verunsicherte mich irgendwie, einerseits würde ich gern jeden Tag rausgehen und eine Arbeit verrichten. Andererseits möchte ich aber auch das machen, was mich interessiert. Außerdem war sich die wirklich nette Dame nicht einmal sicher, ob ich auch wirklich dort reinpasse. Denn einen Touretter hatten sie dort noch nie. Die Fragen, die sich mir da stellen: Wo passe ich hin? Wo kann ich arbeiten? Werden meine Leistungen, dann auch geschätzt und normal Beurteilt? Oder bin ich die Quotenbehinderte für den Betrieb? Zeit zum Grübeln blieb mir aber nicht. (zum Glück?) :) Denn am Mittag kam ein sehr netter Herr vom hr. Wir wollten uns einmal kennenlernen und schauen, ob man zusammenarbeiten kann. Was soll ich sagen? Ich war sehr angetan und auf jeden Fall werden wir gemeinsam ein Projekt machen. Und meine ganzen Befürchtungen zum Thema Touretter im Fernsehen waren unbegründet. Meine Angst war es, als ein armer Touretter, die keine Arbeit hat und deren Leben auf die Wohnung eingeschränkt ist. Das wäre nicht die Wahrheit. Denn ich bin kein armer Touretter! Habe genug zu tun auch ohne bezahlten Job! Und vor allem in den letzten Woche bin ich viel unterwegs! Nur um das mal kurz zu erklären. ;) Eine andere Befürchtung ist, auf Youtube oder einer anderen Plattform verspottet zu werden, aber auch da konnte man mir meine Befürchtungen nehmen.  Jetzt freue ich mich schon richtig von ihm zu hören. :)

Und jetzt noch mal ein kleines zum Thema passendes Offtopic (ein Widerspruch in sich selbst, aber egal:D) Eine gute Freundin, das Erlangener Krümmelmonster, war heute mit einem kurzen Bericht auf BR in der Frankenschau zusehen. Ich möchte dir etwas persönliches ganz offen schreiben, denn jeder darf das wissen.

Liebes Krümmelmonster, 

Seit etwas mehr als einem Jahr kennen wir uns nun. Allein in dieser Zeit ist unendlich viel passiert. Bei dir, die Tic Entwicklung, Schule,… Aber auch bei mir. Und egal was war, alles hast du durchstanden. Und in schweren Zeiten warst du da. Jetzt ist gerade weder für dich eine turbulente Zeit. Aber du lässt dich nicht unterkriegen, findest sogar noch die Kraft dich der Öffentlichkeit zustellen. Das finde ich unheimlich stark. Wenn ich mir etwas wünschen darf…klar ich wünsch mir in einem Brief für dich etwas, schon egoistisch… Aber wenn ich mir etwas wünschen darf, bitte behalte deine Stärke und dein Lachen. Denn damit kannst du in deinem Leben noch viel erreichen!!!

Ich bin stolz auf dich

LifeTiccer

Mittwoch, 11. März 2015

Super Wochenende !!!

Hey ihr Lieben, 

Heute gibt es nur einen kurzen Beitrag. 
Also am Wochenende war ich zu Besuch bei Rezzo und der Familie, und da wir am Sonntag in Linnich bei dem Treffen waren, gab es da auch keinen Beitrag. 
Samstag bin ich mit dem Zug losgefahren. Und am Abend kamen dann noch Freunde vom n Rezzo. Oh man, dass war so lustig. Ich finde ja Menschen die einfach mitticcen so schon super lustig, aber das war besser als einfach eine Imitation. Da wir Sonntag früh rausmussten ging dieser Abend schnell rum. Und Sonntag ging es früh weiter. 
Ich kann euch sagen, dieser deine mudda Tic ist Mega nervig, aber lustig wenn man andere damit absteckt. :)  das Treffen war wirklich schön, irgendwie hatte ich mehr Lust dazu mit den jüngeren tickenden Zeitbomben was zu machen als auf einem Stuhl zu sitzen. Also haben wir Twister gespielt ( stellt euch mal Twister mit Tourettern vor), Musik gemacht und Fußball gespielt. Das war wirklich super lustig und es hat mir richtig gut getan. Nach dem Treffen sind wir noch mit zur Leiterin gefahren. Ursprünglich war der Plan gegen 19:00 Uhr die Rückreise abzutreten. Nach langen lustigen Gesprächen wurde aus 19:00 Uhr 22:00 Uhr. Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Als wir wieder bei Rezzos zuhause ankamen vielen alle nur noch ins Bett. Der Montag ging dann genauso schnell vorbei, wie das ganze Wochenende.  
Ja und jetzt wieder zu Hause merke ich deutlich, was ich schon seit etwa 1 Woche gespürt habe. Ich habe wieder eine Ticsteigerung. Aber so ist das nunmal und eigentlich setzt mir die Steigerung diesmal auch nicht so zu. Nur vom schreien habe ich etwas Muskelkater. ;) 

Einen ausführlicheren Text gibt es am Sonntag. :* 

LifeTiccer 

Mittwoch, 4. März 2015

Schwerbehinderenausweis



Viele Schrecken vor einem Schwerbehindertenausweis zurück, aus Angst im Berufsleben Schwierigkeiten zu bekommen oder das Stigma Schwerbehindert zu tragen. Mir ging es nicht wirklich anders. Sowas brauch ich nicht! Ich bin doch nicht behindert. Und dann schon gar nicht schwerbehindert. Heute möchte ich einmal davon berichten, wie die Entscheidung für den Ausweis fiel und ob ich Vorteile davon habe oder ob der Ausweis nur eine Last ist?!
Bei mir war es ja so, dass ich diesen ganzen Verlauf im Schnelldurchlauf durchlaufen bin. D.h. Für Dinge die gewöhnlich Jahre brauchen habe ich Monate gebraucht. So war es auch recht schnell eindeutig, dass ich nicht arbeiten kann. Kurze Zeit später kam dann das erste Mal das Gespräch über den Ausweis auf. Für mich kam der überhaupt nicht in Frage. Sowas brauche ich nicht. In den nächsten Wochen Sprachen wir immer wieder darüber. Bis dann auch irgendwann bei einem Treffen von T.I.M. eine Behindertenbeauftragte über dieses Thema sprechen wird. An besagtem Tag waren wir natürlich auch dort. Und diese Frau hat einfach mal wirklich ehrlich und sachlich über das ganze Thema aufgeklärt. Wusstet ihr dass man den Ausweis nirgendwo angeben muss? Natürlich wenn eure Behinderung sehr auffällig ist ist das besser. Aber ihr müsst nicht. Und es gibt so viele Vorteile. Ab da war ich auch für einen Ausweis. Wir stellten den Antrag und ein paar Wochen später flog das Ergebnis ins Haus. 50% ohne Merkzeichen. Da war ich echt ziemlich enttäuscht. Was bringt mir das? Nichts aber jeder weiß dass ich behindert bin. Viel Zeit zum ärgern blieb nicht, denn die OP stand an. Wieder zu Hause hatte ich recht bald einen Termin, bei dem der medizinische Dienst die Pflegestufe prüft. Pflegestufe auch sowas, was man nicht will. Aber mir hat sie viel Erleichterung gebracht. Auf Anhieb bekam ich Pflegestufe 2 und das Gutachten reichten wir auch gleich beim Versorgungsamt ein. Kurze Zeit später war auch schon das Ergebnis vom Einspruch da. 100% und 4 Merkzeichen. Mit so einem guten Ergebnis habe ich nicht einmal gerechnet. :) 
Und jetzt nutze ich den Ausweis soviel ich kann. Durch die Merkzeichen und die Prozente habe ich eine Wertmarke für die Bahn. Durch das B kann ich jemanden mitnehmen. So kann ich wann immer ich möchte ins Schwimmbad. Ich bin viel selbstständiger. Heute zum Beispiel fahre ich zum Training meiner alten Mannschaft. Ohne den Ausweis müsste ich meinen Papa bitten. Der würde das auch sicher hin und wieder machen. Aber welche Person mit fast 20 Jahren will alles mit den Eltern machen? Ich kann nur sagen der Ausweis ist wirklich eine Erleichterung in meinem Leben. 

LifeTiccer 

Montag, 2. März 2015

Behandlung des Tourette-Syndroms



Ich beschäftige mich zurzeit viel mit Behandlungsmöglichkeiten  für das Tourette-Syndrom. Fragen die sich mir da stellen sind ‚Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Können Therapien weiterhelfen? Wenn ja, welche? Müssen immer sofort die Medikamente her? Welche Medikamente werden dann eingesetzt? Und welche alternativen Behandlungsmöglichkeiten gibt es? 
Vielleicht fragt ihr euch jetzt warum ich mir überhaupt noch diese Fragen stelle, schließlich habe ich ja schon einen Hirnschrittmacher. Nun, wer mich in den letzten Monaten getroffen hat wird bestätigen können, dass dieser bisher keine Erfolge erzielen konnte, man sagt dies braucht etwa 1 Jahr.  Dennoch möchte ich keinen falls für ein Jahr zu Hause sitzen und auf Besserung warten, das wäre mir viel zu langweilig. ;) Aber nun möchte ich erst einmal mit ein paar allgemeinen Infos beginnen.  Prinzipiell ist das Tourette-Syndrom nicht heilbar, jedoch behandelbar. Oft sind keine Medikamente nötig, da die Tics minimal sind, falls Medikamente allerdings benötigt werden greift man auf Neuroleptika zurück. Auch ich habe diese genommen. Ich habe das Glück, außer bei meinem ersten Medikament fast immer relativ Nebenwirkungsfrei diese Medikamente nehmen zu können. Leider sind neben den Nebenwirkungen auch meist die Wirkungen ausgeblieben.  Dennoch finde ich diese Medikamente sinnvoll, häufig helfen sie zumindest ein Stück weit mehr Sicherheit im Alltag zu erlangen. Ich würde mir lediglich wünschen, dass es wirklich mal ein gutes offizielles Medikament für das Tourette-Syndrom gibt. Bisher laufen die meisten ‚Off-Label‘ d.h. sie sind zugelassen für andere Krankheitsbilder. So tun sich die Krankenkassen hin und wieder schwer mit der Kostenübernahme.

Neben den Medikamenten gibt es auch sinnvolle therapeutische Angebote. Die Verhaltenstherapie kann zwar auch kein Tourette-Syndrom heilen, aber man kann als Person gestärkt werden, sich besser verstehen lernen und auch die Tics besser fühlen lernen. Das ist ganz wichtig um einer Tic-Explosion vorzugreifen. Außerdem sind die Tics auch weniger stark (aggressiv) wenn man mit sich selbst im reinen ist.  Auch andere Therapien sind sinnvoll, beispielsweise das Habit Reversal Training. Dies ist das umleiten eines Tics, ohne diese Möglichkeit hätte ich die tiefe Hirnstimulation nicht machen können, da ich mir ständig auf den Kopf oder die Brust geschlagen habe. Nun passiert mir das nur noch bei extremen Stress oder wenn ich sehr müde bin. (Für alle Interessenten hier ein Link) 
Nun zu meinen persönlichen Erfahrungen, Meinungen und Eindrücken. Ich persönlich habe ein therapierefraktäres Tourette-Syndrom, wie es die Ärzte gern nennen. Das bedeutet nichts weiter als therapieresistent. Um diesen Status zu ‚erreichen‘ musste ich auch erst einiges ausprobieren. Zu Beginn kamen die Neuroleptika. Diese brachten nicht die erhoffte Besserung, dennoch nahm ich weiterhin welche, zum einen weil es so viele gibt und man nach einem Medikament nicht sagen kann, dass nichts hilft. Zum anderen, weil ich die Befürchtung hatte, dass es inzwischen ganz ohne Medikamente noch schlimmer wäre. Immer wieder lese ich, dass Medikamente eingeschlichen werden und nach nicht mal einer Woche alle Nebenwirkungen des Beipackzettels aufgetreten sind. Einerseits finde ich, dass man sich nicht selbst diesen Beipackzettel durchlesen sollte, sondern eine vertraute Person dies tun sollte. Andererseits denke ich (entschuldigt diese klaren Worte) wenn man diesen Zettel durch liest sollte man auch die Stelle lesen, in der vermerkt ist, dass diese Medikamente erst eine Weile brauchen um eine Wirkung zu zeigen. Klar sind Nebenwirkungen nicht schön, ich habe zugenommen, bekam eine depressive Verstimmung, schwitze viel… das gehört aber dazu.  Nach den Neuroleptika wollte ich Cannabishaltige Medikamente versuchen. Zum Glück machte dies meine Ärztin möglich. Und anfangs ging es mir richtig gut mit diesem Medikament, dann bekam ich eine Tic-Steigerung und der ‚super‘ Effekt des Medikaments war nicht mehr vorhanden. Bis heute nehme ich es weiterhin. Aber nicht zum Vergnügen, sondern weil ich ohne dieses Medikament nicht einmal laufen könnte, mein ganzer Körper verliert dann die Kontrolle und ich kann eigentlich nicht mehr wirklich was machen, außer mich und andere zu nerven und gefährden.  Nach und während diesem Medikamentenversuch, kam die Entscheidung einen Hirnschrittmacher zu implantieren. Diese Behandlungsmethode kommt allerdings nicht häufig beim Tourette-Syndrom in Frage, einfach weil es zum Glück sehr oft nicht nötig ist. Nun ist es so, dass ich für eine Ausnahmegenehmigung zum Gebrauch der Cannabisblüten ‚kämpfe‘ und was für mich viel viel entscheidender ist, ich benötige eine Kostenübernahme der Krankenkasse, da ich mir dieses Medikament nicht selbst leisten kann. Cannabis ist für mich keine Droge, davon erfahre ich keinen Rausch oder ich verwende es auch nicht als Genussmittel, sondern es ist ein Medikament für mich. Wenn ich Cannabis konsumiere passiert nur eins mit mir, meine Gedanken ordnen sich, in meinem Kopf sind nicht bloß Tics sondern auch mal Platz für eigene Gedanken. Ich habe mehr Kontrolle über mich und meinen Körper. Warum sollte dies also kein Medikament sein? Allerdings ist das auch kein Wundermittel, Studien haben auch gezeigt, dass Cannabis niemanden heilt oder allen gleich gut hilft. Manche Touretter sind zu 98% Ticfrei , anderen bringt es mehr Ruhe und Kontrolle und wieder andere haben Nebenwirkungen. 
Jetzt zu den alternativen Behandlungsmethoden. Ich glaube am bekanntesten ist da die Botoxbehandlung, dabei werden Muskellähmungen durch das Gift hervorgerufen. Dadurch tritt der Tic weniger oder nicht mehr an einer bestimmten Stelle auf. Diese Behandlung hält zwischen 3-4 Monaten. Dann wird auch noch immer wieder davon gesprochen, dass die Ernährung eine Rolle spielt. Dabei ist es mir allerdings nicht zu Ohren bekommen, dass man eine Tic-Verbesserung erreichen kann. Man kann allerdings eine Verschlechterung verhindern. Beispielsweise durch den Verzicht auf zu viel Zucker, Koffein oder Alkohol. Dies ist allerdings auch kein wirkliches Rätsel, da auch bei gesunden Menschen diese Mittel aufputschen. Bei Tourette eben auch die Tics. Ich sage dann immer: Gib dem Affen Zucker! ;) Und die letzte Alternative, die ich vorstellen möchte ist der Einsatz von Zahnschienen. Ich bin nun auch in Foren unterwegs und dort laß ich mal, dass es Zahnärzten gelungen sei das Tourette-Syndrom mittels einer Schiene zu heilen. Nun an eine Heilung glaube ich nicht aber eine Besserung schließe ich nicht aus. Auch ich habe eine Schiene zum schlafen, diese trage ich allerdings nur, da ich sonst morgens Schmerzen im Kiefer haben, außerdem lächle ich damit immer so schön. ;) Für alle die mehr Infos möchten: hier die PDF Datei von Prof. Müller-Vahl (Hannover) 
Nun das war jetzt ziemlich viel, aber ich finde dies ein wichtiges Thema und ich bin der Meinung, darüber muss man schon etwas wissen, Eltern besonders um ihren Kindern nicht zu schaden.  Man muss auch auf den eigenen Körper achten, denn manchmal zeigt dieser einem am besten was gut für einen selbst ist. Ich freue mich, wenn ihr es bis hier geschafft habt. Und wünsche euch einen schönen Wochenstart.




LifeTiccer